Der Ort Döben liegt an der mäandernden Mulde nordöstlich und flußabwärts von Grimma, hoch oben gegenüber einer Flußschleife, mit wunderbarem Ausblick auf die Muldenaue. Das Plateau bietet eine gute Rundumsicht, der steil abfallende Hang zur Flußaue und seitliche schmale Täler Schutz und Sicherheit. Zu diesem Ort haben sich die Menschen schon immer hingezogen gefühlt, und so finden sich Spuren ihres Aufenthalts und der Besiedlung bereits aus frühesten Zeiten.

In unmittelbarer Nähe gab es Wasser, Fische, fruchtbare Böden, Wald – und einen alten Heiligen Ort – eine Quelle, die an einem Näpfchenstein entspringt. Ein Nymphenheiligtum – vielleicht stammt daher der Name des Ortes Döben, der 1150 als urbs dewin genannt wurde. Deva heißt auf altsorbisch Jungfrau, Siedlung der Jungfrau.

Menhir von Döben

Eines der wahrscheinlich frühesten Zeichen der Menschen, die hier in der Umgebung lebten, ist der Menhir am Ortseingang von Döben. Seine Errichtung wird von einigen Forschern in die Jungsteinzeit vor etwa 20.000 Jahren datiert (1). Er steht rechts an der Straße, von Grechwitz kommend.

Menhire sind bearbeitete oder unbearbeitete Steinblöcke, die in prähistorischer Zeit überall auf der Erde aufgestellt wurden. Sie ragen wie Steinsäulen aus dem Boden heraus. Ihre Spitze wirkt oft, wenn sie nicht zerstört ist, pyramidal, weil eine oder zwei Seiten des Steines schräg auf die Spitze zulaufen.

Bereits im Thümmlitz (südöstlich von Döben) ist uns ein riesiger Menhir begegnet. Er wird auf einem Erklärschild als Wegweiser beschrieben. Vom Döbener Menhir steht er 8,4 km Luftlinie entfernt. Es wäre zu überprüfen, ob man ihn vom Thümmlitz aus sehen könnte, da er nur ca. 1,80 m hoch ist – das ist sein heutiges sichtbares Maß, das durch Straßenbau durchaus gemindert sein könnte. Beide Steine stehen erhöht, die Bewaldung mag später entstanden sein. Es könnten früher auch weitere Markierungssteine auf der Route vorhanden gewesen sein. Auffällig ist, daß die Linie zwischen beiden parallel zur Mulde auf den Erhöhungen über der Flußaue entlangläuft. Die Linie trifft jedoch im heutigen Döben exakt auf die Flußschleife, vielleicht war hier eine Furt. (Der Verlauf des Flusses kann natürlich auch ein völlig anderer gewesen sein, zumindest im Rahmen der Aue.) Das könnte bedeuten, daß Döben seit Urzeiten eine Station auf einem uralten Fernweg wäre. (2)

Die Erklärung der Menhire als Wegweiser an alten Handels-, Heer- oder Völkerwanderungsstraßen ist sehr pragmatisch. Sie ist jedoch denkbar, wir wissen es nicht. Im Volksmund heißen Menhire oft „Torwächter“ oder „Wächterstein“. Das mag darauf hinweisen, daß sie in früheren Zeiten auch etwas anderes angezeigt haben könnten. Wenn Du Dich damit näher beschäftigen möchtest, verweise ich gern auf die langjährigen Forschungen von Dr. Heinrich und Ingrid Kusch (3 + 4).

Wie um alle anderen großen stehenden Steine, ranken sich auch um den Döbener Menhir Mythen sowie Überlieferungen, die im spirituellen und rituellen Bereich liegen. Vielleicht gibt es auch eine Verbindung zum Quellheiligtum? Sehr interessant finde ich, daß auch hier (wie z.B. beim Piltitzer Teufelsstein) nachts der schwarze Hund mit den feurigen Augen erscheinen und die nachts nach Hause Eilenden ins Dorf begleiten soll. Spannend ist dies im Zusammenhang mit energetischen Erscheinungen an einigen Menhiren, von Dr. Heinrich Kusch beschrieben und photographiert. Sie sollen zeitweise als bewegliche, transparent leuchtende Kugeln an den Menhiren auftreten (3 + 4).

Steinkreuze im Ort

Die nächsten Geschichtszeugen, die uns in Döben begegnen, sind gleich zwei Steinkreuze. Bisher habe ich es meist so erlebt, daß ein Steinkreuz im Ort steht, evtl. als Hinweis auf den früheren Thing- bzw. Gerichtsplatz im Dorf. Eines der beiden befindet sich auch direkt am mit Linden bestandenen Döbener Dorfplatz. Jedoch nur ca. 20 m weiter, heute eingemauert in einer Bruchsteinmauer, die ein Grundstück begrenzt, finden wir ein zweites. Da es an der Straße steht (Schomergasse), könnte es früher auch als Richtungsweiser gedient haben. Vielleicht Zufall – wenn Du die Linie zwischen Thümmlitzer und Döbener Menhir verlängerst, streifst Du beide Steinkreuze und landest am Standort der romanischen Kirche in Döben.

Kirche Döben

Die Kirche ist ein markanter Punkt – ihr Turm ist weithin sichtbar.

Mit der Ausdehnung des Christentums Richtung Osten im 10. Jh.wurde in Döben eine Kapelle errichtet. Die ersten Ankömmlinge, die das neue Christentum vertraten, waren Angehörige des Sächsischen Adels und Ritter. Es war natürlich eine Marienkapelle. Maria war die Patronin der Deutschen Ritterorden.

Später, um 1200, wurden das Kirchenschiff und 1300 der – bereits gotische – Turm angebaut. Zwischen Chor und Langhaus ist noch der romanische Giebelansatz zu sehen. Aus dieser Anfangszeit gibt es auch noch einen alten Taufstein und ein Epitaph des vermutlichen ersten Burggrafen Conrad von Döben, der 1181 als Conradus de Dewin genannt wird.

Burg / Schloß Döben

Auf der gedachten Linie weiter Richtung Abhang zur Mulde hin kommen wir auf das Gelände der ehemaligen Burg. Es ist ein Burgstandort mit außergewöhnlich langer und kontinuierlicher Geschichte, worauf ich einfach kurz eingehen muß:

abphotographiert im Teepavillon auf dem Schloßgelände

Die erste befestigte Siedlung auf der Anhöhe über der Mulde ist der Zettenwall, der wohl in der Bronzezeit entstand und als größte Vierecksanlage Sachsens gilt. Das heute noch erahnbare Areal grenzt an einer Seite an eine schroffe Felskante zur Mulde hin, die drei anderen Seiten wurden mit mächtigen Erdwällen und einem Palisadenzaun geschützt. (5) Nach einer Siedlungspause lebten hier von ca. 500 v.Chr für ca. 1.000 Jahre die elbgermanischen Hermunduren. Waren dies die Vorfahren der von der Geschichtsschreibung genannten Slawen / Sorben, die ab 600 hier siedelten oder war hier ein neuer Stamm ansässig geworden?

Im beginnenden 10. Jh. wurde im Laufe der Expansion des nun christlichen Deutschen Reiches nach Osten die Gegend um Elbe und Mulde erreicht. Unter Heinrich I. wurde 929 die Burg Meißen gegründet und die Anhöhen entlang der Flüsse befestigt. Es entstanden so genannte Burgwarde (altsächs. für ein Gebiet, in dessen Mittelpunkt sich eine Burg befand). Ein solcher entstand auch in Döben – der 1046 erstmals urkundlich genannte „burchwardum Grobi“, der auch die o.g. Marienkapelle beinhaltete.

Die Bausubstanz der Burg, so wie wir sie noch von Bildern kennen, stammt aus dem 14. und 17. Jh. Es gab natürlich Vorgängerbauten.

1185 wurde Döben Reichsburg, um 1280 kam sie zu den Wettinern, zu Beginn des 14. Jh. an die Burggrafen von Leisnig. Nach dem wirtschaftlichen Aufstieg von Grimma ging die Bedeutung Döbens zurück und entwickelte sich zu einem sächsischen Rittergut, das im Laufe der Zeit von mehreren fleißigen Familien bewirtschaftet wurde, die immer auch die Burgbauten pflegten und weiterentwickelten. Seit 1783 (mit Unterbrechung durch Enteignung 1945 – 1992) ist das Gut im Besitz der Familie von Below.

Nach einem Brand 1857 wurde die mittelalterliche Burg stark beschädigt, bei dieser Gelegenheit jedoch etwas umgestaltet und im Neo-Renaissancestil wieder aufgebaut. So bekam sie ein neues, freundlicheres, Aussehen und wurde zum „Schloß“.

Von den Erbauern und den Familien, die Burg und Rittergut durch gute und schlechte Zeiten hinweg erhielten, bewirtschafteten und pflegten, war es als Jahrhunderte überdauernder, von Generation zu Generation zu treuen Händen weiterzugebender Familiensitz und Kulturschatz gedacht – nur den Angriffen der Amerikaner am Ende des 2. Weltkrieges und der Zerstörungswut eines Bürgermeisters mit seinem Sprengmeister konnte er nicht standhalten. Die Geschichte der mutwilligen, boshaften Zerstörung dieses Kultur-Kleinods unserer Geschichte kannst Du in der ausführlichen Chronik auf der Netzseite des Schlosses nachlesen. (5)

Doch jetzt ist die Familie von Below wieder in Döben, sie kaufte ihr enteignetes Eigentum von der Treuhand zurück und begann, „2,5 Hektar gesprengtes Schloß mit Ruinenhof, verfüllten und unbekannten Kellern und Gräben, abrutschendem Hang und fantastischem Blick“ wieder zu erschließen und bewohnbar zu machen.

Heute wirst Du von einem großzügigen Schloßhof, der von schmucken sanierten Gebäuden umrahmt ist, empfangen, gehst durch einen wiedererblühenden Schloßgarten, in dem wieder wie früher schöne Rosen und seltene Gehölze angepflanzt werden, Richtung Teepavillon und traumhaftem Mulde-Ausblick. Und ganz vorn auf dem Felssporn wandelst Du ehrfürchtig auf dem Platz des ehemaligen Schlosses, zwischen Fundamenten, Mäuerchen und Treppen. Du findest hier und da alte Bruchstücke des ehemaligen Glanzes und Zugänge in unterirdische Räume, die noch darauf warten, wiederentdeckt zu werden. Vielen Dank, liebe Familie von Below und die vielen Helfer, für Ihren Fleiß und Ihre Hingabe an dieses Fleckchen unserer Heimat!

Schloß Döben 1915 – Wikimedia Creative Commons, Autor: Brück & Sohn Kunstverlag Meißen

Fahre einmal hin nach Döben und seine Umgebung. Dein Besuch lohnt sich und ist gleichzeitig Ehrerbietung für diesen Ort und seine Menschen. Streife durch das schmucke Dorf mit seinem wunderschön begrünten Dorfplatz, seinen steilen Gassen, seinen zahlreichen steinernen Zeitzeugen und dem direkt nebenan liegenden Döbener Wald. Nimm Dir ausreichend Zeit, einen Picknickkorb und eine Kanne Kaffee mit!  :)

 

Quellen und Inspiration

(1) Manfred Müller „Von Dorf zu Dorf im Muldentalkreis“ Bd. I + II, Sax-Verlag Beucha, 2002 + 2004

(2) Artikel über Menhire als Wegweiser: https://atlantischeseuropa.blogspot.com/2018/07/vom-menhir-zum-marterl.html

(3) Heinrich und Ingrid Kusch „Versiegelte Unterwelten“, V. F. Sammler Graz, 3. Aufl. 2022 und „Tore zur Unterwelt“

(4) Artikel über Orbs an Menhiren: https://sinossevis.de/wp-content/uploads/2018/11/Der_Lochstein_von_der_Zwerchhalde_Sternenfels.pdf

(5) Netzseite des Schloßhof Döben: https://www.schlosshof-doeben.de/geschichte/

(6) Netzseite des Vereines privater Denkmaleigentümer in Mitteldeutschland: https://www.private-schloesser.de/baudenkmaeler/schlosshof-doeben/

Die Netzseite der Stadt Grimma mit einem sehr schönen Artikel über Döben: https://www.grimma.de/portal/seiten/doeben-mit-dorna-grechwitz-und-neunitz-900000139-27290.html