
Solange die Menschheit existiert, drückt sie sich auch aus. Das Bestreben des Menschen war und ist bis heute, seine Gedanken festzuhalten und / oder sie mit anderen zu teilen, seien es Informationen, die für andere wichtig sind, Erkenntnisse, Erfindungen oder künstlerisch-schöpferische Werke. Wichtiges Trägermaterial ist hier für uns Papier – Grundstoff für Bücher, Bilder, Noten, Landkarten, … (Abgesehen von der zahlreichen Anwendung von Funktionspapieren, die in der Neuzeit hinzugekommen sind – Haftnotizen, Briefmarken, Photos, Druckmedien, die ganze Palette der technischen und Hygienepapiere, Kaffeefiltertüten). Für uns heute nicht mehr vorstellbar, ohne Papier zu sein.

nur von meinem Schreibtisch – selbst hier schon diese unglaubliche Vielfalt :)
Auch weit vor der Entdeckung des Papieres und seiner Vorläufer haben uns die Altvorderen ihr Wissen schon zukommen lassen. Zum Glück war ihr Beschreibstoff oft langlebig, und so können wir noch heute Höhlenzeichnungen, Ornamentik, Symboliken, Schriften auf Steinen, Keramik- und Metallgefäßen, auf Waffen, Schmuck und Figuren bewundern.
Erstaunlich ist der Erfindergeist der Menschen: das Schreiben, Dokumentieren, Weitergeben nahm einen immer wichtigeren Platz ein, so daß einfach auf jedem möglichen Material geschrieben wurde: auf Wachstafeln, Tontafeln, Holztafeln und Vierkantstäben, auf Stein und Birkenrinden.
Das Papier, wie wir es heute als unverzichtbaren Bestandteil unseres Lebens und unserer Kultur kennen, hat verschiedene Vorläufer, die in Abhängigkeit von Region und Zeitalter aus unterschiedlichstem Material gefertigt wurden.
Papyrus – der Schwerpunkt der Papyrusherstellung lag in der Antike in Ägypten. Entrindete Papyrusstengel wurden in Streifen geschnitten, eine Schicht Streifen wurde nebeneinandergelegt, eine zweite Schicht im rechten Winkel dazu obendrauf. Das Ganze wurde gepreßt und geklopft, durch den Pflanzensaft klebten die Lagen zusammen. Mehrere dieser Blätter wurden zu den Papyrusrollen zusammengeklebt. Denke z.B. an die legendäre Bibliothek von Alexandria, die über einen enormen Bestand an Schriftrollen aus Papyrus verfügte. Manche Forscher sprechen von 50.000 Rollen. Darüber hinaus wurden hier ununterbrochen Rollen abgeschrieben und abgezeichnet, die schon alt und brüchig wurden.
Pergament – mit der beginnenden Verschriftlichung in Europa bekam das Pergament Bedeutung, da die Haltbarkeit von Papyrus im feuchteren Klima Europas gering war. Denn es ging immer auch um das Konservieren des Wissens und die Weitergabe an die Nachfolgenden. Pergament ist physisch und chemisch bearbeitete Tierhaut, so daß die Lederhaut übrig blieb. Sie wurde nun naß gespannt und an der Luft getrocknet. Durch die gute Haltbarkeit von Pergament ist dieser Stoff von großer Bedeutung für die Überlieferung der antiken Literatur, die nun auf Pergament übertragen wurde. Im beginnenden Mittelalter wurden die Klöster die wichtigsten Wissensträger. Mit ihren Bibliotheken und Schreibstuben (scriptorium) übernahmen sie die Aufgabe der Aufbewahrung, Konservierung, Vervielfältigung und Weitergabe alten Wissens. Immer wieder wurden die alten Texte abgeschrieben, die Zeichnungen sorgfältig übertragen, um sie nicht zu verlieren. So ein Buch, komplett von Hand geschrieben, illustriert, verziert, die Buchdeckel gestaltet, war dadurch unermeßlich wertvoll!
In den Zeiten von Reformation (Säkularisierung, Sequestration, Zerfall und Zerstörung vieler Klöster) und Bauernkriegen („Spieß voran, drauf und dran, setzt auf das Klosterdach den Roten Hahn“) sind viele kostbare Wissens- und Kunstschätze unwiederbringlich verloren gegangen, vernichtet worden.
Und hier, in den Skriptorien der Klöster im europäischen Raum, kam dann neben Pergament ab dem 14. Jh. auch das Papier als neuer Beschreibstoff dazu.
Die ersten Funde von Papier stammen aus China und sind von ca. 140 v.Chr. Dennoch wird die „Erfindung“ von Papier offiziell auf 105 n.Chr. datiert, als Tsai Lun, ein damaliger Beamter am chinesischen Kaiserhof, die Herstellung von Papier aus Seidenfasern erstmals beschrieb. Erstmalig werden Rohstoffe zu Fasern zerkleinert, gewässert, gekocht und aus einem Brei mit Hilfe eines Siebes lagenweise abgeschöpft.
Papier wird also aus Fasern (wobei hier als erstes textile Fasern aus Hadern zum Einsatz kamen, erst später Holz) hergestellt, die sich in einer Fasersuspension (Pulp, Papierbrei) befinden. Mit Hilfe eines Siebes werden die Fasern waagerecht aus dem Brei geschöpft, entwässert, und das so entstandene Faservlies wird verdichtet / gepreßt und getrocknet.
- Schöpfvorgang…
- …und das Einbringen von zarten Verzierungen
Wenn Du diesen Artikel liest, hast Du ganz bestimmt schon einmal beim althergebrachten Papierschöpfen zugesehen oder es sogar selbst schon ausprobiert. – Ist Dir eigentlich bewußt, daß, wenn Du mit einem Papierschöpfrahmen Blätter herstellst, dies der Prozeß ist, den unsere Altvorderen jahrhundertelang für ihre Papierherstellung nutzten? Es ist also nicht nur ein kreativer Prozeß, sondern er beinhaltet auch in gewisser Weise die Erinnerung, die Erfahrung, die Sorgfältigkeit und Hingabe an ein altes Handwerk.
- mit gepreßten Blüten und Blättern
- als Buchseite verarbeitet
- als Buchdeckelbezug verarbeitet
Erst seit ca. 250 Jahren bauen wir sogenannte Langsiebmaschinen für die Herstellung von Endlos-Papierbahnen. In den Quellen habe ich Dir 2 Videos zur modernen Papierherstellung in Papierfabriken verlinkt. (2 + 3) Der Papierbedarf ist groß, dementsprechend sind die Produktionsmengen heute riesig.
Sächsische Papiergeschichten
Früher hießen die Betriebe, in denen Papier gemacht wurde, Papiermühle. Hast Du Dich schon mal gefragt, warum eigentlich? Der Rohstoff, aus dem die Fasern für den Papierbrei gewonnen wurden, war lange Zeit textiles Material, sogenannte Hadern, Hanf-, Leinen-, Baumwollabfälle. Diese Stoffstücken wurden im Wasser eingeweicht und mechanisch mit Hilfe von Stampfwerken zu Fasern gemahlen, als Antrieb fungierte Wind- oder Wasserkraft. Noch heute erinnert die Papiermühlstraße in Leipzig daran. :)
1838 wurde in unserem schönen Muldental, in Golzern in der Nähe von Grimma (der Nachbarort von Döben – siehe mein Artikel über Döben) – wie in ganz Europa – auch eine Papiermühle erbaut. Man nutzte die Wasserkraft der Mulde zur Vorbereitung der Materialien für den Papierbrei. Es wurde handgeschöpftes Büttenpapier produziert, das auf den Muldewiesen zum Trocknen ausgelegt wurde. Die Bütte ist die Wanne mit dem Papierbrei, aus der geschöpft wurde. Es wurde auch eine Spezialität hier hergestellt – Notenpapier für die Leipziger Musiker.(5)
Der Eigentümer der (vor allem den Leipzigern) sehr bekannten Firma Sieler & Vogel, der schon einen Schreibwaren- und Papierhandel führte, kaufte 1860 das Grundstück und konnte nun auch sein eigenes Druck- und Schreibpapier herstellen. (4) Ab 1862 kam hier die erste Papiermaschine zum Einsatz, die eine Endlos-Papierbahn herstellte. Weitere Maschinen folgten. Bis 1990 wurde an diesem Standort Papier hergestellt. Heute wird hier nur noch fertige Ware auf Maß geschnitten.
Wir haben hier in Sachsen, in Penig an der Zwickauer Mulde, auch die älteste, noch produzierende Papierfabrik in Deutschland. Sie besteht seit 1539. Die handgeschöpften Büttenpapiere erhielten in den ersten Jahren als Wasserzeichen das Peniger Stadtwappen – die Altenburger Rose. Hier wurde bereits ab 1838 mit einer Langsiebmaschine eine Endlos-Papierbahn produziert. Zu DDR-Zeiten waren hier bis zu 2.000 Menschen mit der Herstellung verschiedenster Papiere, Dekorpapiere, Laminat u.a. beschäftigt. Auch hier kam 1990 der Niedergang. Der Betrieb gehört jetzt zu Felix Schoeller Osnabrück. Zur Zeit gibt es 112 Beschäftigte. Teile des Betriebes wurden zu Schauwerkstatt und Museum umgebaut. Im Februar 2025 wurde die Schließung angekündigt. Ich bin dabei zu recherchieren, wie es in Penig weitergeht – dazu wird ein Update erfolgen.
Quellen und Inspiration
Wikipedia: Papier, Beschreibstoff, Papiermühle, Bibliothek von Alexandria, Lebenshaus, Skriptorium, Papyrus, Pergament, Papierfabrik Penig
(1) Netzseite Uni Zürich über frühere Beschreibstoffe: https://www.adfontes.uzh.ch/tutorium/handschriften-beschreiben/charakterisierung-des-beschreibstoffes/wachstafeln-und-andere-beschreibstoffe
(2) Youtube-Kanal „Alltagskulturen im Rheinland“ Dokumentation über die Papierherstellung damals und heute: https://www.youtube.com/watch?v=a_KiSrIUKtc
(3) Noch eine Nummer größer :) Youtube-Kanal „Sappi Tube“ Dokumentation industrielle Papierherstellung heute: https://www.youtube.com/watch?v=8i5_ujleejg
(4) Netzseite Industriekultur Sachsen e.V. über die Papierfabrik Golzern: https://www.iku-sachsen.de/erleben/akteure-erlebnisorte/details/papierfabrik-golzern/
(5) Manfred Müller „Von Dorf zu Dorf im Muldentalkreis“ Bd. I + II, Sax-Verlag Beucha, 2002 + 2004