Gesamtansicht von Pömmelte

Die alte Ringanlage Pömmelte liegt südlich von Magdeburg, in der Nähe von Schönebeck an der Elbe. Die Elbe macht hier (heute) in ihrem Lauf nach Südosten einen größeren Bogen nach Norden. In diesem Bogen auf dem flachen Auenland liegt das Ringheiligtum. Das Auenland ist heute trockengelegt, die Elbe eingedeicht.

Aus den Informationen im Touristenzentrum erfahre ich, daß die Gegend von Forschern gezielt überflogen wurde und dabei mehrere Ringstrukturen in der Landschaft entdeckt wurden. Aufgrund einer Probegrabung, die vielversprechende Funde zutage förderte, wurde Pömmelte ausgewählt und komplett ausgegraben und untersucht. In nordwestlicher Richtung, in demselben Elbe-Bogen, nur 1,3km entfernt, liegt eine weitere Ringstruktur – die Kreisgrabenanlage Schönebeck.

Hier auf der Karte siehst Du die Lage der beiden Anlagen in der Elbenaue (klick).

Lage von Pömmelte an der Elbe

Karte: www.grosssteingraeber.de

Aussehen und Struktur, Bedeutung:

Das Ringheiligtum Pömmelte besteht aus mehreren Palisadenringen in verschiedener Ausführung sowie Erdwällen und -gräben außen drumherum. Der Gesamtdurchmesser beträgt ca. 115m und ähnelt in der Größe der Anlage in Stonehenge. Auch vom Alter her sollen beide Anlagen ungefähr in derselben Zeit, ca. vor 4300 Jahren, entstanden sein, am Ende der Steinzeit.

Gesamtansicht vom Aussichtsturm

Gesamtansicht vom Aussichtsturm

Die Palisadenringe wurden am Originalstandort rekonstruiert. Der Neuaufbau ist ein Versuch, das alte Bauwerk nachzuempfinden, wobei man natürlich nicht wirklich weiß, wie es aussah, denn das Holz ist ja nach der langen Zeit nicht mehr vorhanden. Der erste Ring von außen besteht aus einer losen Reihe von Pfählen, im zweiten Ring stehen die Pfähle dicht, so daß der Innenraum optisch komplett von außen geschützt ist. Zwischen diesen beiden äußeren Ringen verläuft ein Erdwall, der sowohl innen als auch außen von einem Graben flankiert wird. Die inneren beiden Ringe bestehen aus Pfählen mit Querstreben, sie wirken wie Tore. Diese Tore sind auch zum Teil farblich gestaltet. Bei der Farbgebung und den Ornamenten an den Pfählen und Stelen orientierten sich die Gestalter an damals typischerweise verwendeten Naturfarben und Ornamenten, die auf Keramiken gefunden wurden. Hier ist natürlich viel künstlerische Freiheit eingeflossen.

Zitat von dem Hinweisschild vor Ort: „An diesem Ritualort opferte und zelebrierte man mehrere Jahrhunderte nach strengen Regeln. Die Zurschaustellung der sakralen Handlungen geschah in einem umschlossenen Raum. Die äußere Zone des Rondells grenzte von der Außenwelt ab. Im Innenraum war man von ihr visuell und akustisch abgeschieden. Dies bündelte die Aufmerksamkeit und steigerte das Gemeinschaftsgefühl. Im Zentrum fanden Zeremonien, Aufführungen oder Wettstreite statt. Die Zuschauer hatten in der umgebenden, von zwei Pfostenringen markierten Zone Platz. Das Rondell war ein Sinnbild von höchster Tragweite. In ihm verschmolzen viele Bedeutungsebenen zu einer universalen Allegorie. Schon der Kreis ist ein Schlüsselsymbol und verkörpert z.B. die Sonne, Unendlichkeit oder Neuschöpfung. Die Raumstaffelung in mehrere Ringareale gleicht einem Mandala – einem Abbild des Kosmos. Die beiden auf die Sonne ausgerichteten Zugänge bekräftigen diese Assoziation. Das Rondell war wohl die Metapher eines vielschichtigen Weltbildes.“

Das Ringheiligtum hat zwei Zugänge, d.h. Lücken in den Palisaden, die auch mit „Toren“ gekennzeichnet sind, die auf den Sonnenauf- und -untergang zu bestimmten Zeiten im Jahreslauf ausgerichtet sind.

Ausgrabungsfunde:

Vor allem in den Gräben zwischen den beiden äußeren Ringen haben die Forscher zahlreiche Funde aus unterschiedlichen Zeiten gemacht. Sie fanden Zeremonialgegenstände wie Gefäße, Tierknochen, Mahlsteine und Steinbeile. Ebenso wurden zeremoniell bestattete menschliche Knochen und Körper gefunden. Die Funde stammen aus der Zeit zwischen 2300 – 2050 v.Chr. Die Forscher haben auch herausgefunden, daß die damaligen Menschen die Anlage selbst wieder abbauten. Aus dem Informationsmaterial: „Abbau und Einebnung des Rondells um 2050 v.Chr. erfolgten mit zahlreichen Opferungen. Man legte Steinbeile, Tierknochen und Keramikscherben in Erdlöcher, die nach dem Herausziehen der Holzpfähle entstanden. Man verbrannte das Holz. Die Asche wurde mit der Wallerde in den Kreisgraben gefüllt. Er markierte noch Jahrhunderte als flache Mulde den sakralen Ort.“

Eigene Gedanken:

Beim Durchstreifen der Landschaft und der Anlage an einem stillen Tag voll Sonnenschein und Lerchengezwitscher ist Raum für eigene Gefühle und Gedanken:

Wie sah die Landschaft aus, als die Elbe noch frei floß? Auch heute noch können wir sehen, wie Flüsse sich bei Hochwasser ausbreiten und Raum einnehmen. Man kann sich eine Art Auenlandschaft vorstellen, in der die Bewohner sich durchaus auch per Boot oder Schiff fortbewegten, zumindest zu bestimmten Jahreszeiten. Gerade die Landzunge, auf der beide Kreisgrabenanlagen stehen, war bestimmt ein- oder zweimal im Jahr unter Wasser. War das sakrale Bauwerk also ab und zu überschwemmt? War es dafür nicht zu wichtig? Denn hier wurden Sonnenstände beobachtet und damit z.B. Saat- und Erntezeiten bestimmt?

Die Nähe zu der Schönebecker Anlage (Sichtweite!) und die durch Überfliegen festgestellte Existenz weiterer Ringstrukturen wirft die Frage auf: waren das alles Heiligtümer? Ich finde auch die Vorstellung schön (und plausibel), daß die Ringstrukturen Siedlungen waren, durch Ringwälle vor dem Wasser geschützt. Vielleicht waren die Pfähle Bestandteil von Wasserschutzanlagen, also Deichen. In Zeiten von hohem Wasser benutzten die Bewohner Boote, um von einem Ort zum nächsten zu kommen. Mir fallen hier die Warften an der Nordsee ein. Vielleicht waren die Häuser Pfahlhäuser und standen so erhöht über dem Boden. Übrigens wurde neben der Ringanlage auch ein Pfahlhaus ausgegraben.

Nun schaue ich mir die Dekorationen an, und da paßt das nicht in meine (Wunsch-)Vorstellung von unseren Altvorderen. Die roten Pfähle, die fast kriegerisch anmutende Stelengruppe, die Totenköpfe am Eingangstor – ausgerechnet im Osten, wo die Sonne morgens hineinspaziert?

Und um die Verwirrung zu vollenden, zeige ich Dir jetzt noch ein Informationsschild, auf dem ein Grundriß der Anlage mit Sonnenauf- und -untergängen skizziert ist. Hier werden 4 alte Mittviertelfeste angezeigt: Beltane und Lughnasadh im Sommerhalbjahr, Samhain und Imbolc im Winterhalbjahr. Dies sind jedoch Mondfeste, die nach bestimmten Voll- bzw. Neumonden berechnet werden. Dadurch „rutschen“ sie im Kalender hin und her und finden nie am gleichen Datum statt. Deshalb wird die Sonne an diesen Tagen auch immer einen etwas anderen Aufgangs- und Untergangspunkt haben.

Ein spannender Ausflug war das, der Fragen aufgeworfen hat, die noch beantwortet werden wollen.  Wenn Du Lust bekommen hast, Dir das einmal selbst anzuschauen – das kann ich nur empfehlen, denn auch die Empfindungen beim Durchwandern der Anlage können zur Beantwortung beitragen. Hier sind die Kontaktdaten: 03471 / 684-624710, Mail: ringheiligtum@kreis-slk.de, www.ringheiligtum-poemmelte.de

Von April bis Oktober gibt es Führungen, zu denen keine Anmeldung erforderlich ist. Die Zeiten sind auf der Webseite. Im Informationszentrum gibt es einen guten Kaffee! Das Ringheiligtum ist ganzjährig frei zugänglich. Ich wünsche Dir viel Spaß und reiche Erkenntnisse auf Deinem Ausflug!